Das Kawasaki-Syndrom ist eine akute, fieberhafte, systemische Erkrankung, die durch Entzündungen der kleinen und mittleren Arterien gekennzeichnet ist. Zusätzlich ist eine systemische Entzündung in vielen Organen vorhanden. Die Ursache ist unbekannt. Das Kawasaki-Syndrom betrifft vor allem Kleinkinder. Benannt ist die Erkrankung nach dem japanischen Kinderarzt Tomisaku Kawasaki.

In Deutschland erkranken pro Jahr etwa 9 von 100.000 Kindern unter fünf Jahren, während die Inzidenz für ein Kawasaki-Syndrom in Japan in derselben Altersstufe bei etwa 185 von 100.000 liegt. 75 Prozent aller Patienten sind jünger als fünf Jahre, sehr häufig erkranken Kinder im zweiten Lebensjahr. Jungen sind von der Krankheit etwa eineinhalb mal so oft betroffen wie Mädchen. Auf der nördlichen Hemisphäre gibt es im Winter und im Frühjahr mehr Erkrankungen als im Sommer und im Herbst; in tropischen Regionen dagegen gibt es keine Saisonalität.

Seit April 2020 wird in den USA und einigen europäischen Ländern ein neuartiges Syndrom beobachtet, das dem Kawasaki-Syndrom ähnelt und das den Namen MIS-C (multisystem inflammatory syndrome in children) bzw PIMS Syndrom erhalten hat. MIS-C steht in einem Zusammenhang mit Infektionen durch den SARS-CoV-2-Erreger. Bis Mitte Mai 2020 wurden alleine im Staat New York 103 Kinder mit Symptomen behandelt, die dem Kawasaki-Syndrom ähneln. Von diesen Kindern wurden 60 % positiv auf die vom Erreger verursachte COVID-19-Krankheit getestet, bei den restlichen 40 % waren Antikörper gegen SARS-CoV-2 nachweisbar. Besonders betroffen ist die Altersgruppe von 5 bis 14 Jahren.

 

Der Krankheitsverlauf

Es folgen aufeinander drei Phasen:

  1. Die akute fieberhafte Periode:  Sie dauert bis zu zehn Tage. Das Fieber beginnt meist abrupt, und es entwickeln sich im Verlauf von drei bis vier Tagen die typischen Symptome, die dann zur Diagnose des Kawasaki-Syndroms führen können (siehe unten bei diagnostische Kriterien).
  2. Die subakute Phase:  Sie hat eine Dauer von zwei bis vier Wochen. Typisch ist eine Schuppung an Händen und Füßen.
  3. Die Phase der Rekonvaleszenz:  Sie kann Monate dauern mit gelegentlich bestehender Müdigkeit und Leistungsschwäche.

Symptome

Zu 100 % Fieber
Länger als 5 Tage, antibiotikaresistent, lässt sich durch Antipyretika senken, mit wiederkehrenden Spitzen über 40 °C, ohne Therapie etwa 10 Tage anhaltend.
Zu 90 % Symptome der Mundhöhle, Lippen
Trockene, oft geschwollene, hochrote, rissige Lippen, Erdbeerzunge (Lackzunge), intensive Rötung der Mundschleim- und Rachenhaut, so lange wie das Fieber anhält.
Zu 85 % Konjunktivitis (Bindehautentzündung)
Meist beidseitige Bindehautrötung, nicht eitrig, schmerzlos, beginnt kurz nach dem Fieber, dauert etwa 7 Tage.
Zu 80 % Exanthem (akut auftretender Hautausschlag)
Vielgestaltiger, meistens nicht juckender, rumpfbetonter Hautausschlag ohne Bläschen, tritt innerhalb von 5 Tagen nach Fieberbeginn auf („buntes Bild“, oft ähnlich wie bei Masern oder Scharlach, aber mitunter auch ähnlich wie bei Purpura Schönlein-Henoch).
Zu 70 % Hände und Füße
Akut Rötungen und schmerzhafte Schwellungen im Bereich der Handflächen und Fußsohlen. Ab der zweiten bis dritten Krankheitswoche eine Hautschuppung, die an den Finger- und Zehenspitzen beginnt und sich über die ganzen Hand- und Fußinnenflächen ausbreiten kann.
Zu 70 % Vergrößerung der Halslymphknoten
Akute, nicht eitrige, wenig schmerzhafte Schwellung der Halslymphknoten, oft einseitig im vorderen Halsdreieck mit einem Durchmesser von mehr als 1,5 cm.

Therapie

Die Krankheit wird gemeinhin stationär behandelt. Die Therapie hat eine Reduktion der Entzündung und die Vermeidung von Aneurysmen der Herzkranzgefäße zum Ziel, welche meistens in der zweiten bis dritten Woche entstehen. Es konnte gezeigt werden, dass durch eine Therapie das Auftreten von Herzkranzgefäßveränderungen von 25 % auf 2 bis 4 % gesenkt werden konnte. Deshalb ist ein Therapiebeginn vor dem zehnten Tag entscheidend für einen günstigen Verlauf. Die initiale Therapie ist:

  • Immunglobuline: 2 g/kg Körpergewicht in zwölf Stunden als Infusion, nach einer sehr frühen Gabe und unbefriedigendem Ansprechen eventuell ein weiteres Mal.
  • Acetylsalicylsäure (ASS) bis zum Abklingen der akuten Entzündung hochdosiert (30 bis 100 mg/kgKG/Tag) für 14 Tage. Die Dosis wird kontrovers diskutiert.
  • Ob kortisonähnliche Medikamente bei „Therapieversagern“ hilfreich sind, ist noch Gegenstand der Forschung, sie zeigen wohl zumindest einen additiven Effekt. Eine Kortisonpulsbehandlung war nicht besser als Placebo.

Eine längerdauernde Therapie im Anschluss wird mit Acetylsalicylsäure 3 bis 5 mg/(kg*Tag) für zirka sechs bis acht Wochen empfohlen, weitere Maßnahmen richten sich nach dem Auftreten von Koronaraneurysmen: So lange ein Aneurysma besteht, sollte ASS in der niedrigen Dosierung keinesfalls abgesetzt werden. Hat sich ein großes Aneurysma mit Verengungen gebildet, sollte gegebenenfalls die Blutgerinnung mittels anderer Medikamente wie beispielsweise Phenprocoumon gehemmt werden. Ferner kommen eventuell Bypässe etc. in Frage.